Bei den erwarteten riesigen Mengen sind Gefahren nicht ausgeschlossen. Der BUND
Naturschutz lehnt die Verfahren der Betreiber, wie diese vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt genehmigt wurden, ab. Der BN lehnt die damit verbundene Entlassung solcher Stoffe, nach „Freimessen“, aus der atomrechtlichen Aufsicht, ab. Der BN fordert stattdessen eine Verwahrung an sicheren und bekannten Orten und klare Transparenz, was in welcher Zusammensetzung, in welchen Mengen und unter welchen Bedingungen gelagert wird. „Das im letzten Jahr novellierte Strahlenschutzgesetz sagt klar, die Bevölkerung muss optimal vor radioaktiver Strahlung geschützt werden – die Exposition muss minimiert werden. Das besagt das Minimierungsgebot. Die heute von den Atomkraftwerk-Betreibern eingesetzten Verfahren beim Rückbau wurden leider vom Staatsministerium für Umwelt genehmigt, erfüllen aber das Minimierungsgebot nicht, sondern orientieren sich an den Betreiber-Interessen. Das führt zum Beispiel heute dazu, dass Materialien aus dem stillgelegten Atomkraftwerk Grafenrheinfeld sowie dem Atomkraftwerk Isar 1 in der Müllverbrennungsanlage des Landkreises Schwandorf in der Oberpfalz mitverbrannt werden, ohne dass die Bevölkerung dort hierzu informiert wurde,“ so Richard Mergner, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern.
„Eine Verbrennung solcher Materialien in Anlagen, für die nicht in unabhängigen Gutachten bestätigt werden konnte, dass dabei keinerlei radioaktive Partikel in die Abluft entweichen können, lehnen wir ab. Wir fordern daher einen sofortigen Stopp bei den Atomkraftwerken Grafenrheinfeld und Isar. Wir fordern Transparenz über alle Stoffströme, sowie Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit aller Abfälle, und eine offene Benennung der Lagerorte und Sicherheitskonzepte,“ so Edo Günther, Vorsitzender der Kreisgruppe Schweinfurt des BUND Naturschutz in Bayern e.V. und Sprecher des bundesweiten Arbeitskreises Atomenergie und Strahlenschutz des BUND e.V.
Hintergrund:
Die Kernspaltung in einem Atomkraftwerk, die nukleare Reaktion, liefert Wärme, die über Verdampfen von Wasser Dampfdruck erzeugt, der über Turbinen und Generatoren zur Stromerzeugung genutzt wird. Die Kernspaltung liefert aber auch zugleich nukleare Spaltprodukte, also künstlich erzeugte radioaktive Materialien.
Der Großteil dieser künstlich erzeugten „radioaktiven Materialien“ verbleibt in den abgebrannten Brennelementen, über 99 Prozent des radioaktiven Inventars des Atomkraftwerks sind dort konzentriert. Die Aktivität dieses hochradioaktiven Atommülls ist auch nach längerer Zeit so hoch, dass Wärme frei wird, und diese gekühlt werden müssen.
Ein geringerer Teil, ca. 1 Prozent, dieser künstlich erzeugten „radioaktiven Materialien“, liegt verteilt im Atomkraftwerk vor – der Hauptteil in den inneren, abgeschlossenen Reaktorteilen, aber auch eine Kontamination von Gebäuden der Atomkraftwerks-Anlagen ist nie ausgeschlossen. Bei den Rückbauarbeiten werden diese „radioaktiven Materialien“ zum Teil gesammelt, als schwach-mittel-radioaktiver Abfall.
Die „radioaktiven Materialien“, die in einem Atomkraftwerk durch den Kernspaltungsbetrieb künstlich erzeugt werden oder wurden, belasten die Bevölkerung zusätzlich zur natürlich vorhandenen Radioaktivität. Medizinische Untersuchungen zeigen – jede radioaktive Strahlung belastet uns gesundheitlich, es gibt keine untere Grenze für schädliche Wirkungen.
Der BUND Naturschutz fordert, dass für alle Materialien aus einem Atomkraftwerk die Prinzipien von Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit, also der Stoffstromkontrolle, zu gelten haben. Materialien, die mit künstlich erzeugten radioaktiven Substanzen kontaminiert sind oder potentiell sein können, müssen an sicheren Orten gelagert werden, wie Deponien der Klasse 3.
Die Praxis des „Freimessens“ und der „Freigabe“ von gering radioaktiv belastetem Rückbaumaterial aus den AKWs ist kritikwürdig. Der BUND Naturschutz fordert, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Bevölkerung vor gesundheitlichen und genetischen Schädigungen zu schützen und diese Verteilung von radioaktiv belastetem Material in die Umwelt zu stoppen.
Für Rückfragen:
Dr. Herbert Barthel, Referent für Energie und Klimaschutz: 0151/50489963